„Verantwortungsvoller Journalismus ist der Schlüssel“ – Medienrechtstage zu Desinformation

Wie lässt sich Desinformation erkennen und bekämpfen? Warum ist sie so erfolgreich? Und welche Rolle spielen dabei immer neue Anwendungen von Künstlicher Intelligenz? Die 20. Ausgabe der Medienrechtstage an der Viadrina widmete sich am 17. und 18. Januar 2024 den titelgebenden „Strategien gegen Desinformation und Propaganda“.

„Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die Selbstverteidigung der Ukraine hat noch einmal überdeutlich gemacht, dass wir uns schon seit Jahren in einem Kriegszustand befinden – in einem Informationskrieg.“ Mit diesen drastischen Worten begann Prof. Dr. Johannes Weberling, Viadrina-Honorarprofessor und Initiator der Medienrechtstage, sein Resümee am Ende der zweitägigen Konferenz. Die Spaltung der Gesellschaft werde durch Desinformation befördert, weil sie das wichtigste Gut kaputt mache, das für das Zusammenwirken in einer Gesellschaft unerlässlich ist: das Vertrauen in die Wahrheit. Verschiedene Anwendungen von Künstlicher Intelligenz wirkten zusätzlich wie ein „Booster für Desinformation“.

In zahlreichen Vorträgen und Podiumsgesprächen war zuvor ausgeführt und diskutiert worden, wie Desinformationskampagnen international aber auch regional funktionieren – von russischen Kriegsmeldungen, über chinesische Interessen in Afrika, bis zum nordmazedonischen Dorf, in dem viel Geld damit verdient wurde, Social-Media-Beiträge zur Beeinflussung der US-amerikanischen Wahl abzusetzen. Für interdisziplinäre Einblicke sorgten rechtliche Analysen, psychologische Einschätzungen und zahlreiche Berichte aus der Praxis – sei es aus der Chefredaktion der Märkischen Oderzeitung oder von internationalen Medienschaffenden aus Osteuropa und Südafrika.

Einig war man sich auf den Medienrechtstagen, dass es keine rein rechtliche Lösung für das Problem der Desinformation geben könne. „Der Schlüssel ist verantwortungsvoller Journalismus“, sagte Johannes Weberling. Dazu gehöre – so machte es die Journalistin und Dozentin Hyrije Mehmeti aus dem Kosovo deutlich – die solide journalistische Ausbildung, aber auch eine Finanzierung, die genügend Personal und Unabhängigkeit ermögliche. Zusätzlich wurde in verschiedenen Runden immer wieder betont, wie wichtig ein kritisches Bewusstsein und ein aufgeklärter Umgang mit Medien seien. Fehlende Medienbildung und -kompetenz, so vielfach die ernüchternde Bilanz, gehörten auch zur Erklärung, warum Desinformation überhaupt eine Wirkung haben könne.

Neue Gesetze, wie gelegentlich gefordert, sind aus Weberlings Sicht nicht nötig. „Wir haben Gesetze, beispielsweise das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. So schlecht ist das gar nicht, man muss es nur mal anwenden und beispielsweise Facebook zum Löschen von Inhalten zwingen“, so sein Appell. Er plädierte zudem dafür, dass europäische Staaten ihre Marktmacht gegenüber den Tech-Giganten wie Google, Meta und Apple nutzen, um Desinformation als Geschäftsmodell unattraktiver zu machen. „Europa hat so viel Gewicht, dass es schon etwas bewirken würde, wenn man hier sagt: Ändert eure Algorithmen, ansonsten seid ihr draußen“, so Weberling. 

Fotos: Heide Fest
Text: Frauke Adesiyan

 

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